ZAAR - Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht
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Rieble/Junker/Giesen (Hrsg.), Arbeitsstrafrecht im Umbruch

Tagungsband zum 5. Ludwigsburger Rechtsgespräch (ZAAR Schriftenreihe Band 13)

01.07.2009

Das Arbeitsstrafrecht soll sich traditionell um eine Verstärkung des Arbeitnehmerschutzes kümmern: Strafbar machen sich Arbeitgeber und ihre verantwortlichen Führungskräfte, wenn sie elementare Schutzvorschriften, etwa im Arbeitsschutz, ignorieren. Nach den Skandalen bei VW oder Siemens hat sich eine neue Diskussionslage ergeben: auch die Arbeitnehmerseite steht neuerdings unter Anklage. So klagen Staatsanwaltschaften Arbeitnehmervertreter an (Volkert und Schelsky) und es wird nach Korruption im Gefüge der Sozialpartnerschaft gefragt. Gewerkschaften stellen in kollektiven Konflikten Strafanzeige - etwa wegen Gewerkschaftsbestechung (PIN-Group/ Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste). Ein Betriebsrat wird wegen Korruption verfolgt, weil er eine Versicherung als Träger der betrieblichen Altersversorgung gegen Geld installiert (Märkl/ Nürnberger Versicherung).
Das könnten Vorzeichen einer "Verstrafrechtlichung" des Arbeitsrechts sein: Sanktioniert der strafende Staat die elementare Verletzung arbeitsrechtlicher Grundregeln im Umgang der kollektiven Akteure, dann wandelt sich die Funktion des Arbeitsstrafrechts: Vom Arbeitnehmerschutz zur umfassenden Rechtstreue. Damit droht eine Ausweitung strafrechtlicher Verfolgung parallel zum Wirtschaftsstrafrecht, das mit seinem Untreuetatbestand auch in das Arbeitsstrafrecht hineinragt, wie die Verurteilungen im Fall Volkert/Hartz deutlich machen. Arbeitsstrafrecht könnte zum Wirtschaftsstrafrecht des Arbeitsmarktes werden.
Das wirft erhebliche Folgefragen auf. Bisher wurde das kollektive Arbeitsrecht von beiden Seiten vielfach als rechtsfreier Raum gesehen, in dem die freie Einigung zur sozialpartnerschaftlichen Konfliktlösung führt und das kaum effektive Sanktionen für Regelverletzungen bereithält. Darf tatsächlich alles "verhandelbar" sein und "gedealt" werden? Gibt es rechtliche Grenzen für die kollektive Interessenwahrnehmung? Und droht gar eine "Kriminalisierung" kollektiver Interessenwahrnehmung, wie das früher für das Streikrecht befürchtet worden ist? Die Tagung ging dieser aktuellen Entwicklung nach und suchte eine Antwort zwischen Rechtstreue und Sanktionsbedürfnis einerseits und den Funktionsvoraussetzungen arbeitsrechtlicher Konfliktlösung andererseits.

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