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Latzel/Dommermuth-Alhäuser, Zu gute Arbeitsbedingungen als Untreue

RdA 2017, 178-185

27.06.2017

Können sich Arbeitgeber wegen Untreue (§ 266 StGB) strafbar machen, wenn sie ihren Angestellten zu gute Arbeitsbedingungen gewähren?

Im öffentlichen Dienst können zu gute Arbeitsbedingungen (übertarifliche Leistungen, zu hohe Eingruppierungen und Einstufungen) das Sparsamkeitsprinzip verletzen. Allerdings sind übertarifliche Arbeitsbedingungen haushaltsrechtlich ebenso wenig per se unzulässig, wie übergesetzliche Arbeitsbedingungen im tariffreien Bereich. Wer besondere Arbeitskräfte sucht, darf ihnen besondere Arbeitsbedingungen gewähren und wer überdurchschnittliche Leistungen erwartet, darf überdurchschnittlich entlohnen. Insoweit sollten der öffentlichen Hand 30 % Marktpreisüberschreitung als rechtfertigungsfreier Spielraum bleiben. Darüber hinausgehende Arbeitsbedingungen müssen sachlich gerechtfertigt werden. In der Privatwirtschaft unterliegen Kapitalgesellschaften dem Verschwendungsverbot, das deutlich weitere Grenzen zieht als das öffentlich-rechtliche Sparsamkeitsprinzip. Hier bietet es sich an, dass die Arbeitsbedingungen erst sachlich gerechtfertigt werden müssen, wenn sie das Dreifachen des Marktüblichen überschreiten.

Die Grenzen des Sparsamkeitsprinzips wie des Verschwendungsverbots sind – vorbehaltlich von Konkretisierungen – bislang zu allgemein, um ihre Überschreitung sogleich mit der Härte des Strafrechts zu sanktionieren. Der pragmatische Weg zur Identifizierung strafwürdiger Unwirtschaftlichkeit führt über den subjektiven Tatbestand. Komplexe rechtliche Rahmenbedingungen verwischen die Grenze zur Illegalität, sodass ihre vorsätzliche Übertretung unwahrscheinlich wird. Bloß weil der Täter alle Umstände kennt, muss er sie noch lange nicht zutreffend rechtlich bewerten – selbst grobfahrlässige Fehlbeurteilungen schließen den Vorsatz aus.


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