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Rieble/Melle, Mindestlohnaussetzer für Bau, Dachdecker und Gebäudereiniger

NZA 2018, 273-276

12.03.2018

Die Mindestlohnverordnungen für das Baugewerbe, das Dachdeckerhandwerk und das Gebäudereinigerhandwerk sind am 31.12.2017 nachwirkungslos abgelaufen. Der Beitrag diskutiert aktuelle Wirksamkeitsfragen speziell der Baumindestlöhne und beantwortet die Frage, welches Entgelt seit 1.1.2018 geschuldet ist.

Das BMAS und die Tarifparteien des Baugewerbes stehen vor zwei aktuellen Problemen: Zum einen erfordert die negative Tarifvertragsfreiheit der Tariffreien auch bei der Erstreckung nach § 7 AEntG ein Mindestmaß an Tarifgeltungserfolg. Spätestens seit der Entscheidungen zur Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe im letzten Jahr sollte das BMAS verstanden haben, dass es den Tarifgeltungserfolg ordentlich prüfen muss.

Anderseits bestehen Zweifel an der Tariffähigkeit der Tarifparteien im Baugewerbe. Für die Spitzenverbände des Baugewerbes HDB und ZDB ist vor allem fraglich, ob deren beanspruchte Tarifmacht auch von den Zuständigkeiten der Mitgliedsverbände gedeckt ist. Das BMAS muss das vor der Erstreckung prüfen und dabei insbesondere die Besonderheiten der HandwO beachten (zB »Innungsausschließlichkeit«). Die IG Bau ist womöglich nicht gegnerfrei, da sie auch selbstständige Personen als Mitglieder zulässt – genau dieses Problem hat aktuell der 10. Senat für die Schornsteinfeger-Gewerkschaft ZDS aufgeworfen (10 AZR 60/16 [A]).

Seit dem 1.1.2018 bis zum In-Kraft-Treten der Folgeverordnungen gilt für Tariffreie nur das vereinbarte Entgelt. Untere Grenze bildet freilich der allgemeine Mindestlohn nach dem MiLoG. Wird dieser unterschritten, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch (nur) auf die Differenzvergütung. Sittenwidrig ist das vereinbarte Entgelt nach § 138 BGB erst, wenn es weniger als zwei Drittel des im jeweiligen Wirtschaftszweig und Wirtschaftsgebiet üblichen Entgelts beträgt. Wegen der niedrigen Tarifbindung im Baugewerbe kann hier nicht auf den bisherigen Baumindestlohn zurückgegriffen werden. Auch findet die Sittenwidrigkeitskontrolle für entsandte Arbeitnehmer keine Anwendung, die damit während des »Mindestlohnaussetzers« ihre Lohnkostenvorteile ausnutzen können.


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