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Vielmeier, Rechtswegerschöpfung bei verzögerter Anhörungsrüge

NJW 2013, 346 – 350

08.02.2013

Eine Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG) erfordert das Durchlaufen des einfachrechtlichen Anhörungsrügeverfahrens. Was aber geschieht, wenn das Fachgericht den Abschluss dieses Anhörungsrügeverfahrens (rechtsstaatswidrig) verzögert?

Eine Bearbeitungsfrist für die Anhörungsrüge enthält das einfache Recht nicht. Eine Lösung scheint die neue Verzögerungsrüge (§§ 198 ff. GVG) zu bieten, mit der der Gesetzgeber genau auf solche Verfahrensverzögerungen reagieren wollte. Indes passt weder der Wortlaut der Norm, der nur Verfahren bis zu ihrem „rechtskräftigen Abschluss“ erfasst, noch der Telos: denn während es bei der gewöhnlichen Verzögerungsrüge um staatliches Unterlassen geht, besteht während der Anhörungsrüge ein rechtskräftiges Urteil. Im Ergebnis gilt deshalb: weder kann noch muss die Verzögerungsrüge erhoben werden. Weil aber die grundrechtliche Verbürgung der Urteilsverfassungsbeschwerde auch einen Schutz in angemessener Zeit garantiert, muss das einfache Recht – genauer das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung aus § 90 II BVerfGG – verfassungskonform ausgelegt werden: ist die Anhörungsrüge nach drei Monaten noch nicht verbeschieden, sollte die Urteilsverfassungsbeschwerde zulässig werden.


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