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Rieble/Picker, Arbeitsschutz und Mitbestimmung bei häuslicher Telearbeit

ZfA 2013, 383-432

17.03.2014

Wissenschaft und Praxis diskutieren häusliche Telearbeit seit Jahrzehnten. Rechtsprechung gibt es bislang kaum – und insbesondere nicht zur grundsätzlichen Frage, inwieweit der Arbeitgeber für den häuslichen Teleheimarbeitsplatz arbeitsschutzrechtlich verantwortlich ist. Entsprechend ungeklärt ist, welche Beteiligungsrechte der Betriebsrat hat. Die unklare Rechtslage ist für alle Beteiligten unbefriedigend: Der sonst übliche »arbeitsrechtliche Weg«, von allen Normen einen gewissen Sicherheitsabstand einzuhalten, ist hier nicht gangbar. Der Arbeitnehmer ist in seinem häuslichen Bereich besonders geschützt – durch Wohnung und Privatsphäre. Arbeitsschutzverantwortung bedeutet zwar auch Kontrolle, aber eben nur genau so weit, wie das Arbeitsschutzgebot reicht.

Die Verfasser untersuchen zunächst, ob und inwieweit die einschlägigen Arbeitsschutzgesetze (ArbSchG; ArbStättV; BildscharbV; ArbZG) auf den häuslichen Telearbeitsplatz Anwendung finden. Weiter erörtern sie, wie die Einhaltung dieser Arbeitsschutzvorschriften am häuslichen Telearbeitsplatz gewährleistet werden kann. Dabei diskutieren sie eingehend, unter welchen Voraussetzungen dem Arbeitgeber und Betriebsrat ein Zutrittsrecht zur Privatwohnung des Telearbeitnehmers eingeräumt werden kann. Die Verfasser sind dabei der Ansicht, dass die Verbindung von Wohnen und Arbeiten grundsätzlich nicht zur »Verbetrieblichung« der Wohnung, sondern nur zur »Privatisierung des Arbeitsplatzes« führe. Der Arbeitgeber müsse zwar auch am häuslichen Telearbeitsplatz für ein ausreichendes Schutzniveau sorgen, einer inhaltsgleichen Umsetzung der geltenden Arbeitsschutzbestimmungen stünde hier jedoch Art. 13 GG entgegen. Die in den einschlägigen Arbeitsschutzbestimmungen ohnehin nur abstrakt festgelegten Pflichten seien daher verfassungskonform zu modifizieren. Dieser Besonderheit könne mit Hilfe der unbestimmten Rechtsbegriffe und gegebenenfalls einer teleologischen Reduktion der Arbeitsschutzbestimmungen Rechnung getragen werden. Entgegen der h. M. treffe den Arbeitgeber keine Pflicht, den häuslichen Arbeitsplatz verdachtsunabhängig zu kontrollieren. Eine Kontrollpflicht entstehe vielmehr erst dann, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass arbeitsrechtliche Schutzstandards am häuslichen Telearbeitsplatz nicht eingehalten werden.

Das übrige arbeitsschutzrechtlichen Pflichtenprogramm des Arbeitgebers sei entsprechend wie folgt auszugestalten: Zunächst trage der Arbeitgeber die volle Verantwortung für die dem Telearbeitnehmer überlassenen Arbeitsmittel. Weiter komme bei häuslicher Telearbeit den arbeitsschutzrechtlichen Informations- und Aufklärungspflichten des Arbeitgebers zentrale Bedeutung zu: Das »Mehr« an Information und Aufklärung müsse hier das »Weniger« an Kontrolle kompensieren. Insbesondere habe der Arbeitgeber bei häuslicher Telearbeit keine Kontrollmöglichkeiten, ob der Telearbeitnehmer die gesetzlichen Arbeitszeitvorgaben einhalte. Daher beschränke sich die Arbeitszeit-Kontrolle weitgehend auf eine Selbstkontrolle des Telearbeitnehmers. Schließlich untersuchen die Verfasser eingehend die Rechtsfolgen etwaiger Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen bei häuslicher Telearbeit (Haftung und Ordnungswidrigkeiten) sowie Inhalt und Grenzen der Mitverantwortung des Betriebsrats für den häuslichen Arbeitsplatzschutz.


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