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Rieble, Schutz vor paritätischer Unternehmensmitbestimmung

BB 2006, 2018

11.09.2009

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Unternehmensmitbestimmung in Kapitalgesellschaften und der GmbH & Co und stellt dabei die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) als einen – praktisch unterschätzten, tatsächlich aber effektiven und sogar eleganten – Weg zur Vermeidung unerwünschter Mitbestimmung auf Unternehmensebene heraus. Während deutsche Unternehmen die Drittelbeteiligung nach dem DrittelbG noch vergleichsweise leicht durch entsprechende rechtliche Gestaltungen umgehen können, zwingen die Einbeziehung der GmbH & Co KG und die strenge Konzernzurechnungsvorschrift im MitbestG inländische Unternehmen mit mehr als 2000 Arbeitnehmern regelmäßig in die paritätische Mitbestimmung auf Unternehmensebene.

Neben die – kurz skizzierten – Versuche der Praxis, auch in Unternehmen, welche den maßgeblichen Schwellenwert überschreiten, eine paritätische Mitbestimmung zu verhindern, stellt der Aufsatz die SE. Dazu werden zunächst die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt, eine solche Gesellschaft zu errichten. Im Anschluß wird das Mitbestimmungskonzept der Europäischen Aktiengesellschaft untersucht. Dabei zeigt sich, daß die SE nur hinsichtlich der betrieblichen Mitbestimmung Mindeststandarts setzt; für die Unternehmensebene gilt eine »Verhandlungslösung« als Gegenentwurf zur gesetzlich vorgegebenen Unternehmensmitbestimmung nach deutschem Recht. Das Mitbestimmungsstatut auf Unternehmensebene wird in einem Verfahren mit der Maximaldauer von neun Monaten festgelegt. Einen Einigungszwang gibt es dabei nicht – scheitert der Abschluß einer Mitbestimmungsvereinbarung, so kommt die Auffanglösung der §§ 34 ff. SEBG zum Tragen. Diese gesetzliche Auffanglösung »zementiert« den bisherigen Mitbestimmungsstandart – eine dynamische Veränderung des Mitbestimmungsstatuts (etwa mit wachsender Belegschaftsstärke) erfolgt nur, wenn sich beide Seiten auf eine Anpassungsvereinbarung einigen können. Insbesondere betreffen die Mitbestimmungsverschärfungen, die das deutsche Recht an eine bestimmte Unternehmensgröße knüpft, die SE nach ihrer Gründung nicht mehr. Daran ändert auch die – in § 18 Abs. 3 SEBG geregelte – Verpflichtung, bei strukturellen Änderungen der SE gegebenenfalls das Mitbestimmungsstatut anzupassen, nichts: Das SEBG fordert hier als weitere Voraussetzung stets, daß die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer gemindert werden könnten. Das Ausbleiben eines hypothetischen Mitbestimmungszuwachses nach einem gar nicht anwendbaren Gesetz kann jedoch niemals als eine solche Minderung von Mitbestimmungsrechten angesehen werden.

Der Weg in die SE ermöglicht es einem Unternehmen also nicht, ein bestehendes Mitbestimmungsstatut gegen den Willen der Arbeitnehmervertreter abzustreifen; wohl aber läßt sich die Unternehmensmitbestimmung in bisher nicht oder »nur« drittelmitbestimmten Unternehmen auf dem bisherigen status quo »einfrieren«. Garantiert ist den Arbeitnehmervertretern dann nur ihr bisheriger Sitzanteil im Aufsichtsrat.

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