Rieble, "Blitzaustritt" und tarifliche Vorbindung
RdA 2009, 280 ff.
01.10.2009
Der Beitrag kritisiert die jüngste BAG-Rechtsprechung, nach welcher Arbeitgeber auch nach Verbandsaustritt an Tarifverträge gebunden sind, sofern ihr Austritt nach dem Beginn der Tarifverhandlungen erfolgt ist. Zunächst sei die vom BAG zur Begründung der Rechtsfortbildung herangezogene Störung der Tarifautonomie, die aus Blitzaustritten resultieren solle, nicht festzustellen. Überdies verlege das Gericht damit entgegen dem Wortlaut des § 3 TVG den Bindungszeitpunkt für Tarifverträge auf den Verhandlungsbeginn vor. Diese Rechtsfortbildung verstoße gegen die Bindung des Richters an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) und sei mithin verfassungswidrig. Der Verfasser regt zur (nachträglichen) Legitimation dieser Rechtsprechung die Einfügung eines Art. 100 Abs. 4 GG an: „Unberührt bleibt die Befugnis der Gerichte, durch Rechtsfortbildung im Dienst des sozialen Fortschritts Gesetze über Wortlaut und Systematik hinaus sachgerecht anzupassen.“