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Rieble, Tendenz-SE

AG 2014, 224-232

23.04.2014

Am. 2. Dezember 2013 hat das Amtsgericht Charlottenburg die Umwandlung der Axel Springer Aktiengesellschaft in die Axel Springer SE in das Handelsregister eingetragen. Damit ist das erste deutsche Tendenzunternehmen in die Rechtsform der Societas Europaea überführt. Was Unternehmen motiviert, die SE zu wählen, ist wenig erforscht. Es gibt aber kaum Unternehmen, die Mitbestimmungsfolgen der Umwandlung nicht positiv berücksichtigen. Selbst Unternehmen, die die paritätische Mitbestimmung in die SE transportieren, können so den Aufsichtsrat verkleinern, den Leitenden-Vertreter loswerden oder die kostspielige Wahl der Arbeitnehmervertreter durch ein Entsendungsverfahren aus dem SE-Betriebsrat ersetzen.

Tendenzunternehmen und -konzerne deutschen Rechts müssen jederzeit fürchten, dass der Betriebsrat oder die Gewerkschaft Mitbestimmungsrechte über das Statusverfahren nach § 98 AktG geltend macht. Infolgedessen flüchten sich Tendenzunternehmen in eine Art »Sicherheitsabstandsdenken«: Sie vermeiden alles, was das Tendenzprivileg gefährdet. Die Mitbestimmungsvermeidung wird für sie handlungsleitend. Davor schützt die Umwandlung in eine Tendenz-SE. Es muss nur im Umwandlungszeitpunkt Tendenzschutz bestehen und die Gesellschaft geht mit einem Mitbestimmungsbesitzstand von „Null“ in die Beteiligungsverhandlungen, weswegen die gesetzliche Mitbestimmungs-Auffanglösung ebenfalls „Null“ beträgt. Das flankierende Mitbestimmungsminderungsverbot läuft folglich leer. Ist die Tendenz-SE einmal mitbestimmungsfrei errichtet, bleibt sie das, selbst wenn das Unternehmen seinen Tendenzschutz verliert. Dies bedeutet Unternehmensmitbestimmungsfreiheit auf ewig, solange der Unionsgesetzgeber nicht eine europäische Unternehmensmitbestimmung einführt.


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