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Lichtenberg, Kurzfristige Urlaubsunterbrechung durch E-Mail-Lektüre

RdA 2020, S. 265-269

20.10.2020

Am Beispiel der kurzfristigen Urlaubsunterbrechung durch E-Mail-Lektüre setzt sich der Beitrag mit der Frage auseinander, ob der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer aus dem bereits angetretenen Erholungsurlaub zurückrufen kann.

Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und den damit verbundenen Möglichkeiten zur ortsungebundenen Arbeit muss der Arbeitnehmer oftmals nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren, um für den Arbeitgeber tätig werden zu können. Zugleich kann es für den Arbeitgeber aufgrund von Unwägbarkeiten im Betrieb, wie etwa Krankheitswellen oder ein kurzfristiger umfangreicher Auftrag eines Kunden, erforderlich erscheinen, dass der Arbeitnehmer während seines Urlaubs tätig wird.

Zunächst muss berücksichtigt werden, dass der Urlaubsanspruch nur erfüllt werden kann, wenn die Freistellung des Arbeitnehmers vorbehaltlos erfolgt. Selbst einvernehmlich können die Arbeitsvertragsparteien nicht vereinbaren, dass der Arbeitnehmer – etwa im Notfall – seinen Urlaub abbricht. Eine solche Abrede verstieße gegen § 1 BUrlG und wäre daher gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG rechtsunwirksam. Zudem gelangt der Verfasser zu dem Ergebnis, dass selbst geringfügige Tätigkeiten während der Freistellungsphase zur Unterbrechung des Erholungsurlaubs führen. Eine Bagatellgrenze, wie sie etwa zu § 5 ArbZG diskutiert wird, ist für den Urlaubsanspruch rechtlich nicht haltbar.

Sodann widmet sich der Verfasser den möglichen rechtlichen Anknüpfungspunkten für einen Rückruf aus dem Urlaub. Das Bundesarbeitsgericht lies bisher ausdrücklich offen, ob der Arbeitgeber im Notfall vom Arbeitnehmer verlangen kann, seinen bereits angetretenen Urlaub abzubrechen. Eine Analyse zeigt, dass der Arbeitnehmer während seiner Freistellung nicht zur Arbeit verpflichtet werden kann. So bieten weder das Bundesurlaubsgesetz noch die Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage eine geeignete rechtliche Grundlage für einen Rückruf. Ein Anfechtungsrecht des Arbeitgebers im Hinblick auf die Freistellungserklärung besteht in den typischen Konstellationen des Rückrufs nicht. Auch kann nicht an das Direktionsrecht oder an eine vermeintlich einvernehmliche Lösung, die eine Zustimmungspflicht des Arbeitnehmers auf ein Rückkehrgesuch annimmt, angeknüpft werden, solange der Arbeitnehmer gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 iVm § 1 BUrlG uneingeschränkt vorbehaltlos freigestellt werden muss. Es ist ferner nicht geboten, § 13 Absatz 1 S. 3 BUrlG in Notfällen zu reduzieren.


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