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Giesen, Vergütung freigestellter Betriebsräte

RdA 2020, 155-169

24.06.2020

Die Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder stellt die Praxis vor große Probleme. Aus § 37 Abs. 4 BetrVG hat das BAG ein System zur Vergütungsbemessung entwickelt, nach welchem eine Gruppe mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbarer Beschäftigter zu bestimmen ist; deren Gehaltsentwicklung ist auf diejenige des freigestellten Betriebsrats zu übertragen. Stichzeitpunkt für die Ermittlung dieser Gruppe ist der – möglicherweise schon lange zurückliegende – Zeitpunkt der Amtsübernahme als Betriebsratsmitglied. Zusätzlich gilt das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG; auf dessen Grundlage wird möglicherweise eine höhere Vergütung geschuldet. Die gemäß dem somit doppelt (und unterschiedlich) gestalteten Benachteiligungsverbot ermittelte Mindestvergütung ist nach der neueren BAG-Rechtsprechung zugleich die Höchstvergütung, die nach dem in § 78 S. 2 BetrVG ebenfalls enthaltenen Begünstigungsverbot nicht überschritten werden darf.

Weil sich das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG auf die Gegenwart bezieht, sind es nach der Amtsübernahme auftretende Faktoren, welche dazu führen, dass dem freigestellten Betriebsratsmitglied eine höhere Vergütung zustehen kann als gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG. Das betrifft insbesondere während der Amtszeit erworbene Qualifikationen, sofern diese tatsächlich für die Besetzung von im Betrieb bestehenden Stellen einschlägig sind. Eine strukturelle Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass eine möglicherweise zu berücksichtigende Befähigung beim Freigestellten – eben aufgrund der Freistellung – nicht unmittelbar feststellbar ist. Prinzipiell sind dennoch sämtliche Fähigkeiten potentiell vergütungsrelevant, die der Freigestellte im Amt oder außerhalb des Amts erworben hat. Für ihre Berücksichtigung muss zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass er ohne Freistellung entsprechend im Betrieb eingesetzt würde. Ist dies der Fall, steht dem Freigestellten gemäß § 78 S. 2 BetrVG diejenige Vergütung zu, die gegenwärtig vergleichbare Beschäftigte erhalten.


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