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Giesen, Europarechtliche Vorgaben für ein Bundestariftreuegesetz

Der Betrieb 2023, 774–778

04.04.2023

Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP enthält das Vorhaben eines Bundestariftreuegesetzes: „Zur Stärkung der Tarifbindung wird die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden …“.
Der Beitrag beleuchtet die europarechtlichen Anforderungen an eine solche Gesetzesregelung. Zwar verfolgt eine – angemessene – Vorgabe von Mindestvergütungssätzen „soziale oder beschäftigungspolitische Belange“ i.S.d. Art. 70 Richtlinie 2014/24/EG. Jedoch werden die entsenderechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Aussage des Koalitionsvertrags verlangt insbesondere die Festlegung von Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag (also nicht durch hoheitliche Regelung) und die Festlegung gesonderter Arbeitsbedingungen für den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe (also nicht gleichermaßen für die öffentliche und die private Auftragsvergabe). Diese Vorgaben widersprechen den in Art. 3 Richtlinie 96/71/EG normierten Gestaltungsmöglichkeiten. Aus rechtspolitischer Sicht ist dieses Ergebnis nicht zu bedauern. Mittels Tariftreueregeln lässt sich eine Stärkung der Tarifbindung nicht bewerkstelligen. Zudem ist nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber gezielt darauf hinwirken sollte, dass ungleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird.


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