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Giesen, Zur sozialrechtlichen Stellung Auszubildender

Wirtschaft und Verwaltung 3/2025, 76-92

01.09.2025

Der Beitrag enthält ein Gutachten, das im Auftrag des Ludwig-Fröhler-Instituts für Handwerkswissenschaften erstellt wurde. Das Gutachten betrifft die sozialrechtliche Stellung Auszubildender, insbesondere im Vergleich mit Studierenden. Hintergrund ist der immer stärker zunehmende Fachkräftemangel, der vor allem die Ausbildungsberufe erfasst.
Aufgrund der tatsächlichen Bedingungen des Studiums und der Berufsausbildung, aber auch aufgrund des diesbezüglichen sozialrechtlichen Rahmens, können sich heutzutage viele Studierende einen höheren Lebensstandard leisten als die Auszubildenden. Zwischen 60% und 70% der Studierenden arbeiten nebenbei. Ein Studierender mit Anspruch auf den BAföG-Höchstsatz und gleichzeitigem Minijob erzielt ein sehr viel höheres Nettoeinkommen als praktisch jeder Auszubildender. Das gilt selbst dann, wenn der Auszubildende einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe gemäß §§ 56 ff. SGB III hat.

Auszubildende sind in allen Sozialversicherungszweigen versicherungspflichtig. Die Höhe der für sie anfallenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge richtet sich nach den allgemeinen Beitragsregeln. Im Gegensatz dazu sind die meisten Studierenden (in der Regel bis zum Erreichen des 25. Lebensjahres) entweder in der Familienmitversicherung kranken- und pflegeversichert, wodurch keine Zusatzkosten anfallen, oder sie zahlen relativ geringe Beiträge in der studentischen Kranken- und Pflegeversicherung.
Der im April 2025 geschlossene schwarz-rote Koalitionsvertrag sieht vor, Auszubildende mit anderen Beschäftigten in den so genannten Midi-Jobs gleichzustellen. Diese Maßnahme bringt jedoch nur ein geringes Maß an Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen.

Weil und soweit die Berufsausbildung wie auch das Studium einen eigenen Ausbildungs(mehr-)wert liefert, empfiehlt sich eine teilweise Angleichung des sozialversicherungsrechtlichen Status von Berufsausbildung und Studium. Im Einzelnen ergeben sich zwei Vorschläge:

Erstens: In der Kranken- und Pflegeversicherung sollte die Berufsausbildung dem Studium zumindest teilweise gleichgestellt werden. Die Familienmitversicherung sollte auch für Auszubildende eingreifen, allerdings mit der Maßgabe, dass Auszubildende unverändert Anspruch auf Krankengeld haben.

Zweitens: In der Gesetzlichen Rentenversicherung sollte die Berufsausbildung gänzlich versicherungsfrei und somit auch beitragsfrei gestellt werden.


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