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Giesen, Neue Arbeitsformen – Herausforderungen im Sozialrecht

NZS 2025, 1 – 6

30.12.2024

Die „neuen Arbeitsformen“ sind mittlerweile gar nicht mehr so neu. Teilweise hat sich das Sozialrecht bereits auf dieses Phänomen eingestellt, weshalb im Beitrag drei besondere rechtspolitische und rechtliche Aspekte beleuchtet werden, die mit den neuen Arbeitsformen verbunden sind.
Der erste Aspekt betrifft den Begriff des Beschäftigungsverhältnisses. Derzeit spricht alles dafür, dass dieser Begriff angesichts der „neuen Arbeitsformen“ nicht neu gefasst werden muss. Die bisherigen Versuche, den Begriff des Beschäftigungsverhältnisses anhand von Kriterienkatalogen zu definieren, sind nicht erfolgreich gewesen. Zumindest unter Zugrundelegung der BAG-Rechtsprechung zum „Arbeitsverhältnis“ im Sinne des § 611a Abs. 1 BGB dürfte es gelingen, den Schutz des Sozialrechts für Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV auch bei „neuen Arbeitsformen“ zu gewährleisten.
Der zweite Aspekt ist die Reichweite des Schutzes der Gesetzlichen Unfallversicherung im Homeoffice. Hier gehen die Rechtsprechung des BSG und mittlerweile auch der Gesetzgeber mit dem neuen § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII sehr weit. Die Rechtsprechung verabschiedet sich zugunsten von Homeoffice-Tätigen teilweise von der Theorie der „rechtlich wesentlichen Ursache“. Dies tut sie, indem sie Ursachen innerhalb und außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht mehr gegeneinander abwägt. Und die Gesetzgebung stellt nunmehr die Tätigkeit innerhalb und außerhalb des Betriebs ausdrücklich gleich. Bewirkt wird dadurch im Ergebnis, dass auch solche Gefahren dem Versicherungsschutz unterstellt werden, die eher dem Privat- als dem Berufsleben zuzuordnen sind. Zudem werden manipulative Fallgestaltungen begünstigt. Insgesamt dürfte sich dies als Irrweg erweisen.
Der dritte Aspekt liegt im Internationalen Sozialversicherungsrecht. Er betrifft das sogenannte „workation“, also die online-Arbeit aus dem Ausland, welche der Arbeitnehmer eigenverantwortlich „organisiert“. Die Lösung dieses Problems liegt in einer Interpretation des Begriffs der „Entsendung“ dergestalt, dass dieser auch dann einschlägig ist, wenn die Tätigkeit im Ausland nicht durch den Arbeitgeber veranlasst worden ist. Erfreulicherweise haben die Krankenversicherungsträger beschlossen, diese Interpretation ihrer Praxis zugrunde zu legen.


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