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Rieble, Besprechung: Sudabeh Kamanabrou, Erga-Omnes-Wirkung von Tarifverträgen [2011]

15.10.2012

EuZA 2012, 495-505

Kamanabrou widmet sich in dem von ihr herausgegebenem Sammelband „Erga-Omnes-Wirkung von Tarifverträgen“ (Mohr Siebeck, 2011), der Frage, ob in Deutschland – ähnlich wie in einigen anderen Tarifsystemen Europas – Tarifverträge erga omnes, also für alle Arbeitnehmer eines tarifgebundenen Arbeitgebers unabhängig von der eigenen Gewerkschaftszugehörigkeit gelten sollten.

Der zentralen Frage, ob die Rechtsordnung überhaupt Tarifverträge für Nichtgewerkschaftsmitglieder gelten lassen darf, weicht Kamanabrou elegant aus. Sie findet eine sekundäre privatautonome Legitimation darin, dass die Tariferstreckung auf tariffreie Arbeitnehmer dispositiv ausgestaltet sein soll, sodass sich die normativ nicht vom Tarifvertrag betroffenen Arbeitsvertragsparteien durch den Verzicht auf abweichende Regelungen dem Tarifvertrag „unterwerfen“.

Allerdings ist nicht erst die zwingende, sondern auch schon die unmittelbare Tarifgeltung rechtsfertigungsbedürftig. Kamanabrou sieht hierbei den Arbeitnehmer in seiner Vertragsfreiheit „nicht unzulässig beschränkt“. Problematisch ist, dass die unmittelbare Tarifwirkung eine Verschlechterungsregelungsbefugnis der Tarifparteien gegenüber den Arbeitnehmern konstituiert, der diese nur ausweichen können, wenn ihr Arbeitgeber zu günstigeren Vereinbarungen bereit ist.

Die Grundthese Kamanabrous scheitert daran, dass Arbeitnehmer der staatlichen Tariferstreckung schutzlos ausgeliefert sind, wohingegen das Vertragsrecht die Arbeitnehmer vor Exzessen der Dynamik bewahren kann.


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