Rieble, Betriebsführungsvertrag und Betriebsübergang
NZA 2018, 1302-1309
30.10.2018
Unter welchen Umständen führt die Einschaltung einer Betriebsführungsgesellschaft zu einem Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB? Die Entscheidungen des 8. BAG-Senats vom 25. Januar 2018 in Sachen Werzalit (Az: 8 AZR 308/16 u.a.) schüren Rechtsunsicherheit. Der 8. Senat möchte offenbar den Betriebsübergang an ein neues Tatbestandsmerkmal knüpfen: die Übernahme von »Verantwortlichkeit« für den Betrieb. Dafür soll erforderlich sein, dass der neue Betriebsinhaber die Führung der wirtschaftlichen Einheit im eigenen Namen übernimmt und nach außen (ggü. Kunden und Lieferanten, nicht nur ggü. der Belegschaft) als Inhaber der wirtschaftlichen Einheit auftritt.
Das führt nicht nur zu Ungereimtheiten mit der bisherigen BAG-Rechtsprechung, sondern eröffnet auch neue Gestaltungsmöglichkeiten: Arbeitgeber können die Bestandsschutzfunktion des § 613a Abs. 1 BGB ausschalten, indem sie wichtige Betriebsteile ohne die Außenrechtsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten auslagern und sodann für die ausgelagerten Betriebsteile einen Betriebsführungsvertrag schließen. Die Betriebsführungsgesellschaft kann sich dann ihre Arbeitnehmer frei aussuchen. Außerdem hat der 8. Senat nicht die betriebsverfassungsrechtlichen Folgefragen berücksichtigt, wie etwa die mögliche Abspaltung des Betriebsrats von der Belegschaft. Und abermals hat das BAG seine Vorlagepflicht an den EuGH missachtet, da dieser das Auslegungsmonopol über den Betriebsübergangsbegriff hat und (bislang) dem Kundenstamm nur eine untergeordnete Rolle bei seiner Gesamtbetrachtung zuschreibt.