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Rieble/Vielmeier: Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 InsO bei kirchlichen Arbeitgebern

ZIP 2019, 1789-1796

20.09.2019

§ 125 InsO stellt für den Insolvenzverwalter ein starkes Sanierungsinstrument dar, sofern eine Einigung mit dem „Betriebsrat“ auf einen „Interessenausgleich mit Namensliste“ zustande kommt.

Die Norm ist auch auf solche (insolvenzfähigen) kirchlichen Arbeitgeber anzuwenden, bei denen kein Betriebsrat, sondern eine Mitarbeitervertretung nach kirchlichem Recht errichtet ist. Das LAG Niedersachsen dagegen lehnt eine Anwendung auf kirchliche Arbeitgeber ab. Es verkennt dabei jedoch, dass das Staatskirchenrecht Gesetzgeber und Gerichte daran hindert, einen kirchlichen Arbeitgeber ohne Sachgrund schlechter zu stellen als einen weltlichen.

Im Rahmen des § 125 InsO liegt ein solcher Sachgrund zur Ungleichbehandlung nicht vor. Zieht man, wie das BAG nahelegt, den Telos der Norm heran, so ergibt sich, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung des individuellen Bestandsschutzes überall dort zulassen wollte, wo kein kollektives Verhandlungssystem mit hinreichender Richtigkeitsgewähr besteht. Ein solche Richtigkeitsgewähr bieten auch die katholischen Mitarbeitervertretungsordnungen (MAVO) und die evangelischen Mitarbeitervertretungsgesetze (MVG), da auch die Mitarbeitervertretung, persönlich abgesichert, einen Interessenausgleich mit Namensliste stets durch ein bloßes „Nein“ ablehnen kann.

Verneint man mit dem LAG Niedersachsen die direkte Anwendung des § 125 InsO, ist jedenfalls eine analoge Anwendung der Norm verfassungsrechtlich geboten. Denn auch aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV ergibt sich, dass nach kirchlichem Recht errichtete Mitarbeitervertretungen nicht ohne Grund durch den Gesetzgeber als Nullum betrachtet werden dürfen.


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