Giesen, Materielles Betriebsverfassungsrecht und Digitalisierung
NZA 2020, 73-76
25.01.2020
Der Beitrag beschäftigt sich anhand von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sowie § 111 ff. BetrVG mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf das materielle Betriebsverfassungsrecht. Weil Digitaltechnologie in Betrieben ständig erneuert wird oder zu einer zügigen Umorientierung im betrieblichen Arbeiten zwingt, führen die betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte zu erheblichen Blockaderisiken, die beim Erlass des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 nicht absehbar waren. So können Software-Updates aufgrund § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bis zum Spruch der Einigungsstelle um viele Monate aufgeschoben werden; gleiches gilt bei technischen Neuausrichtungen des Betriebs, die von §§ 111 ff. BetrVG erfasst werden. Die fehlende Abstimmung des Betriebsverfassungsrechts auf die Anforderungen der Digitalisierung führt dazu, dass in der IT-Wirtschaft Betriebe oft klein bleiben, um sich – auch – dem BetrVG zu entziehen. Der Verfasser plädiert für eine wortlautgetreue Auslegung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und für eine Anpassung des Betriebsverfassungsrechts an die Erfordernisse der Digitalisierung.