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Adjan/Lettmeier, „Der vorsichtige Arbeitgeber“: Einseitige Freistellung als Schutzmaßnahme in der Pandemie

NZA 2021, 161–166

10.02.2021

Ist dem Arbeitnehmer die Erbringung seiner Arbeitsleistung weder rechtlich noch tatsächlich unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), muss er auch während der SARS-CoV-2 Pandemie am Arbeitsplatz erscheinen. Es besteht insbesondere kein pauschales Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB aus allgemeiner Sorge vor der Ansteckung mit dem Virus. Dazwischen liegt jedoch ein Graubereich, der zu erheblichen Unsicherheiten für die Arbeitnehmer und den Arbeitgeber führen kann – insbesondere dann, wenn eine Beschäftigung im Home-Office nicht möglich ist. Die Bundesregierung empfiehlt beispielsweise, bereits bei einem Schnupfen vorsorglich zu Hause zu bleiben.

Die Verfasser beleuchten diesen Graubereich und beschäftigen sich mit der Frage, wie der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern umgehen soll, von denen ein erhöhter Infektionsverdacht ausgeht. Beim Vorliegen bestimmter Fallgruppen hat der Arbeitgeber häufig ein Interesse daran, den Arbeitnehmer einseitig freizustellen. Sein Fürsorgeinteresse sowie das Interesse an der Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs überwiegt hier das Interesse des Beschäftigten an einer vertragsgemäßen Beschäftigung gemäß §§ 611a, 613 BGB iVm § 242 BGB, Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG. Vereinzelt wird sogar eine Pflicht des Arbeitgebers bejaht, um andere Arbeitnehmer zu schützen. Eine solche Pflicht kann jedoch auch aus § 618 Abs. 1 Alt. 2 BGB iVm Nr. 4.2.11 S. 2 der Corona-Arbeitsschutzregel der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nicht überzeugend hergeleitet werden. Der Arbeitgeber kann im Ergebnis vorsichtiger sein als die Behörde selbst, er muss es aber nicht.


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