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Rieble, Tariffähigkeit der GDL

RdA 2024, 340-356

06.12.2024

Funktionäre der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) haben eine Genossenschaft gegründet, die der Deutschen Bahn als Verleiher von Lokomotivführern Druck machen soll. Aus der Verflechtung jenes „Arbeitgebers“ mit der GDL wird deren Tariffähigkeit bezweifelt. Die Tariffähigkeit der GDL hängt davon ab, ob sie ungeachtet ihrer Verflechtung mit der Genossenschaft Fair Train noch gegnerfrei, gegnerunabhängig und unabhängig von Dritten und deswegen weiterhin als Gewerkschaft taugliche Tarifpartei nach § 2 Abs. 1 TVG ist. Koalitionsrechtlich stellt sich die Vorfrage, wie die Gründung der Genossenschaft koalitionsrechtlich einzuordnen ist und ob der GDL das Handeln der Genossenschaft zuzurechnen ist. Zwar wurde das arbeitsgerichtliche Verfahren um die Tariffähigkeit der GDL mit dem letzten Tarifabschluss erledigt - die ausgelösten Rechtsfragen rund um die Gegnerfreiheit von Koalitionen bleiben aber bestehen.

Nicht erst die Tariffähigkeit, sondern schon der Koalitionsschutz setzt Gegnerfreiheit und Gegnerunabhängigkeit voraus. Wer dies der GDL abspricht, nimmt ihr den besonderen Grundrechtsschutz aus Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG und wirft sie auf den Status einer einfachen Vereinigung nach Art. 9 Abs. 1 GG zurück. Dem Tarifsystem ist besser gedient, wenn Gegnerfreiheit und -unabhängigkeit relativ zum jeweiligen Gegenspieler verstanden wird. Die Rechtsprechung des BAG zum Prinzip einheitlicher und unteilbarer Tariffähigkeit gilt nur für die soziale Mächtigkeit der Koalition. Wenn die Rechtsprechung das für das Mächtigkeitsurteil formulierte „Alles-oder-Nichts“ auf den Gegnereinfluss erstreckt, dann kann nicht schon jede Gegnerberührung im Randbereich der Koalitionsbetätigung der Gewerkschaft die Tariffähigkeit insgesamt nehmen.


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