Rechtschreibung
Welche deutsche Schreibweise?
- Die Wahl der Rechtschreibung trifft bei wissenschaftlichen Texten der Autor. Er ist nicht auf die Gerichts- oder Verwaltungssprache (§§ 184 ff GVG; § 23 VwVfG) verpflichtet, weil er als Autor frei ist. Das gilt nicht für Verwaltungstexte der Fakultäten. Es ist schlechterdings rechtswidrig, wenn Fakultäten die Druckerlaubnis für eine Dissertation von bestimmten Schreibformen (meist: schreibfehlerhafte Gendereien wie den Doppelpunkt) abhängig machen und so den Autor nötigen. Zudem verletzt das die Wissenschaftsfreiheit. Eine Strafanzeige wegen Nötigung im Amt nach § 240 Abs. 4 Nr. 2 StGB mündet im Fall der Verurteilung zu einer Strafe, die die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis tragen kann.
- Dabei ist Eindeutigkeit und Präzision des Ausdrucks entscheidend. Die getroffene Wahl muss konsequent durchgehalten werden. Jeder Schreibungswechsel (mal „aufwendig“, dann „aufwändig“) ist zu meiden. Schreibfehler sind eine schlechte Visitenkarte. Der Duden ist unbrauchbar: Dort wird eine Deformschreibung vorgeschlagen, die sich im Rat für deutsche Rechtschreibung nicht hat durchsetzen können (dazu Ickler, FAZ vom 21.7.2006, nachzulesen unter www.faz.net). Fehlerhafte Schreibung führt zur Rückgabe der Arbeit. Es ist nicht Aufgabe des Doktorvaters, Ihrer Schreibschwäche kompensierend zu begegnen.
- Schlimm sind Schreibfehler, die harte Denkfehler offenbaren. Etwa „strafbewährt“ anstelle von „strafbewehrt“. Wenn Ihnen der Unterschied zwischen Bewehrung und Bewährung unbekannt ist, sollten Sie über ein anderes Studienfach nachdenken.
- Nur beim wörtlichen Zitat ist der Autor nicht frei: Hier muss (!) die Originalschreibweise wiedergegeben werden (→ das unmittelbare oder wörtliche Zitat | → Transkriptionsproblem).
„Gendern“ im wissenschaftlichen Text
Triggerwarnung: Der nachfolgende Text kann (offenbar) manche Menschen in intellektuelle Bedrängnis bringen. Von den aufgeregten Reaktionen will ich zwei benennen. Drei „junge Juristinnen“ (Selbstattribuierung, nicht überprüft) hatten zwar keine Sachargumente, aber große Ablehnungsemotion – die in die Forderung mündeten, ich möge den Text vom Netz nehmen. In einer offenen Gesellschaft und gerade in der Wissenschaft werden missliebige Texte nicht entfernt – wer Kritik äußern will, mag das tun oder zum Äußersten greifen: Selbst einen besseren Text schreiben und (!) veröffentlichen. Ansonsten gilt: „Be offended“. Befriedigender noch war die Zuschrift eines Rechtsprofessors, der den Text ohne Begründung in Stil und Inhalt für „nicht nachvollziehbar“ hielt. Das Fehlen jeglichen Sachargumentes, letztlich ein pubertierendes „ich will den Text nicht“ ist für den „Kritiker“ Verzicht auf intellektuelle Satisfaktionsfähigkeit. Für den Kritisierten ist bloße Ablehnungsemotion prachtvolle Bestätigung. „Was nicht trifft, trifft auch nicht zu“ (Elazar Benyoëtz). Die Logik der Zuspitzung ist nicht verstanden.
a. Sprachungerechtigkeit?
Worum geht es: „Gendern“ ist der Versuch, eine empfundene und erfundene Sprachungerechtigkeit zu kompensieren. Die wissenschaftlichen Grundlagen der „feministischen Linguistik“ sind fragwürdig. Das generische Maskulinum sehe die Frauen nur als „mitgemeint“. Deswegen müsse man Frauen sprachlich sichtbar machen. Die zugrundeliegenden Experimente zum Sprachverständnis sind methodisch dürftig, eher voodoo-science (treffend Philipp Hübl; instruktiv Meinecke, Studien zum genderneutralen Maskulinum [2023] insb. S. 205 ff). Gendern drückt eine politisch-ideologische Haltung aus, ist ein Bekenntnis zur Identitätspolitik, ein Grüßen des Geßler-Hutes. Wer in seiner Arbeit mit solchen Bekenntnissen punkten will, mag das tun (wie seinerzeit in der DDR in keiner Dissertation das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus fehlen durfte). Wissenschaftsadäquat ist das nicht.
Philipp Hübl hat sich den Spaß erlaubt, das in den Textwissenschaften verbreitete Gendern als „Soziolekt“ zu sehen und insoweit mit dem Lateinischen als früherer Wissenschaftssprache zu vergleichen. Das ist bewusste Absurdität: Latein als lingua franca war eine Sprache der Höchstgebildeten. Die meisten gegenderten Texte weisen erhebliche intellektuelle Defizite auf. Das fängt bei den Genderformen an (Krankenschwester:innen, Angestellt:innen), geht über grammatikalische Quälsätze bis hin zu schwammiger oder unlogischer Argumentation. Gendern als Tugendsignal soll über Text und Denkdefizite hinweghelfen.
Wenn Sie gendern wollen, müssen Sie drei Varianten auseinanderhalten: Gendern durch Fehlschreibung mit Sonderzeichen (Depp:innen oder Idiot*Innen), Gendern durch Partizipien (Mitarbeitende, Studierende aber auch Angestellte, Immatrikulierte oder Eingeladene) und Gendern durch Doppelbezeichnung (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer).
b. Gendern mit Sonderzeichen
Gendern mit Sonderzeichen ist falsche Rechtschreibung und in amtlichen Texten, die auf korrektes Deutsch als Amtssprache verpflichtet sind, schon immer unzulässig. Das Deutsche kennt kein großes Binnen-I, keinen Doppelpunkt oder Unterstrich und kein Sternchen, um zweigeschlechtliche Worte zu produzieren. Maßgeblich ist das amtliche Regelwerk des Rats für deutsche Rechtschreibung, sobald es von den zuständigen staatlichen Stellen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und im Fürstentum Liechtenstein bestätigt ist (zuletzt zum 1.7.2024, hier). Dessen Fassung vom 15.12.2023 führt zur „geschlechtersensiblen Schreibung“ aus (abrufbar: hier):
„Geschlechtergerechte Texte sollen:
- sachlich korrekt sein,
- verständlich und lesbar sein,
- vorlesbar sein (mit Blick auf Blinde und Sehbehinderte, die Altersentwicklung der Bevölkerung und die Tendenz in den Medien, Texte in vorlesbarer Form zur Verfügung zu stellen),
- Rechtssicherheit und Eindeutigkeit in öffentlicher Verwaltung und Rechtspflege gewährleisten,
- möglichst automatisiert übertragbar sein in andere Sprachen, vor allem im Hinblick auf deutschsprachige Länder mit mehreren Amts- und Minderheitensprachen (Schweiz, Bozen-Südtirol, Ostbelgien; aber für regionale Amts- und Minderheitensprachen auch Österreich und Deutschland), die Möglichkeit zur Konzentration auf die wesentlichen Sachverhalte und Kerninformationen sicherstellen.
- das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache nicht erschweren.“
Deswegen hat der Rat für deutsche Rechtschreibung am 26.3.2021 (abrufbar: hier) „die Aufnahme von Asterisk (‚Gender-Stern‘), Unterstrich (‚Gender-Gap‘), Doppelpunkt oder anderen verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinneren in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu diesem Zeitpunkt nicht empfohlen.“ In seinem Beschluss vom 15.12.2023 (abrufbar: hier) hat er das bestätigt. Das heißt: Solche Schreibungen sind Schreibfehler. Universitäten sind nicht befugt, von Studenten und Doktoranden Fehlschreibungen zu verlangen. Und sie dürfen, soweit sie als Behörde kommunizieren, selbst keine Fehlschreibung produzieren. Ob umgekehrt die wissenschaftliche Freiheit des Doktoranden eine politisierende Schreibweise deckt oder ob der Betreuer solches als Schreibfehler und leseunfreundlich kritisieren kann, darüber müssten die Verwaltungsgerichte befinden. Für Juristen gilt: Zur Ausbildung gehört auch das Erlernen der Amtssprache.
Der Richter des LAG Berlin-Brandenburg, der sein Urteil mit Gendersternchen versehen hat, beging eine Dienstpflichtverletzung. Dementsprechend hatte das bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst in einem Schreiben an die Universitätspräsidenten schon 2021 darauf hingewiesen, dass „abweichende Sprachregelungen hier grundsätzlich kein bewertungsrelevantes Kriterium“ sein dürfen. Der Doktorand darf also nicht gezwungen werden, Fehlschreibungen zu verwenden. 2023 wiederholte das Ministerium diese Ansage. Lustig: Das Dekanat der Juristischen Fakultät bat um Beachtung mit der Anrede: „Sehr geehrte Damen und Herren Professor:innen“. Die stete Missachtung durch selbstermächtigte Ideologen mündete im März 2024 in das „bayerische Genderverbot“ in Art. 22 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsordnung (AGO) für die Behörden des Freistaates Bayern: „Im dienstlichen Schriftverkehr und in der Normsprache wenden die Behörden die Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung an. Mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap oder Mediopunkt sind unzulässig.“ Seitdem schreibt das Dekanat seine Rundmails an „sehr geehrte Damen und Herren Professorinnen und Professoren“, was nach den Regeln der Kombinatorik auch die Dame Professor und den Herrn Professorin erfasst. Ich habe Bilder im Kopf. Verboten sind nur regelwidrige Genderschreibweisen. Von einem „Genderverbot“ kann also keine Rede sein.
Ausgeblendet wird von den Kritikern, dass die Regelung der Amts und Gerichtssprache eine Demokratie-Voraussetzung ist: Hier geht es um die Kommunikation des Staates mit den Bürgern, die dem Bürger einen Lese- und Verstehensbefehl gibt. Wer privat mit Fehlschreibungen arbeitet, muss damit rechnen, dass er nicht zur Kenntnis genommen wird, der Brief mit Majuskel-I im Papierkorb landet oder die Doppelpunkt-Mail von einer Regel des Mailprogramms in einen Gendergaga-Ordner aussortiert wird. Dementsprechend missbrauchen Ideologen in Behörden ihre Macht, wenn sie nichtamtliche Schreibweisen nutzen oder gar vom Prüfling eine Fehlschreibung verlangen. Solcher Kommunikationszwang ist unzulässig.
c. Gendern durch Partizipien
Einige Perfektpartizipien sind inzwischen substantiviert und dabei geschlechtsneutral. Wer einmal angestellt worden ist, ist der Angestellte oder die Angestellte. Zum Affen machen sich jene, die Angestellt:in schreiben. Eine Angestelltin kennt die deutsche Sprache nicht. Geschlechtsneutral kann man mit allen Perfektpartizipien schreiben, die sich auf Menschen beziehen lassen: die Eingeladenen, die Kritisierten, die Immatrikulierten, die Ungewaschenen.
In die Sprachpraxis eingeschlichen hat sich eine Übertragung auf das Partizip Präsens: Der Studierende (in Abkehr vom Studenten) und der Mitarbeitende (statt Mitarbeiter) sind die beiden Hauptfälle.
Student ist abgeleitet vom lateinischen studere (streben nach, sich bemühen um, auf etwas aus sein). An Universitäten strebt man nach Erkenntnis, und zwar auf wissenschaftliche Weise. Wer dies tut, heißt Student. Grammatikalisch hat sich dieses Substantiv aus dem lateinischen Partizip Präsens studens, im Plural studentes entwickelt: „Fratres studentes“ hießen die jüngeren Mönchsbrüder bei den Dominicanern und Franciskanern. Dazu das Grimmsche Wörterbuch, Stichwort Student. Student ist zum eigenständigen Substantiv geworden.
Nahezu jeder Hochschul-Funktionär benutzt indes das politisch korrekte „Studierende” – ohne nur kurz nachzudenken, welcher Blödsinn damit verbunden ist. Funktionären geht es nicht mehr um die Tätigkeit des Strebens (nach Erkenntnis und Bildung). Ihnen geht es (nur) um den Status. Nur drückt das Wort „Studierender” gerade keinen Status aus (das ist das Eingeschriebensein, der Immatrikuliertenstatus) – sondern die Tätigkeit im Partizip Präsens. Weil genus und sexus nicht auseinandergehalten werden können (weswegen der Student nicht für beide Geschlechter reichen soll) und die Doppelung „Student und Studentin“ zu mühsam erscheint, wird also das Partizip zur Statusbezeichnung. Und es wird Sprache verhunzt – weil nicht mehr dasjenige gesagt werden darf, was der Sprecher ausdrücken will.
Hierzu gemessenen Tonfalls Max Goldt in: Wenn man einen weißen Anzug anhat (2002) S. 55 unter der Rubrik „Was man nicht sagt“:
„Studierende: Menschen, die an einer Universität einem Studium nachgehen, heißen Studenten. Möglicherweise gibt es noch ganz vereinzelte Studiengänge, die als klassische Männerfächer gelten, zB an den Bergbau-Universitäten in Freiberg (Sachsen) oder Clausthal-Zellerfeld. Wenn man in diesen Ausnahmefällen darauf hinweisen möchte, dass auch Frauen dort studieren, muss man Studenten und Studentinnen sagen. Wie lächerlich der Begriff ›Studierende‹ ist, wird deutlich, wenn man ihn mit einem echten Partizip Präsens verbindet. Man kann nicht sagen: ›In der Kneipe sitzen biertrinkende Studierende.‹ Oder nach einem Massaker an einer Universität: ›Die Bevölkerung beweint die sterbenden Studierenden.‹ Niemand kann gleichzeitig sterben und studieren.“
Das Partizip Präsens zeigt an, dass die Person gerade jetzt, in der Gegenwart etwas tut. Wer aus dem Präsenspartizip ein Statuswort macht, verliert die Ausdrucksmöglichkeit des Partizip Präsens. Fichte und Schelling haben von Studierenden in eben diesem Sinn gesprochen: Junge Menschen, die anders als die damaligen (Sauf und Rauf )Studenten wirklich nach Erkenntnis streben. Gleiches gilt für Mitarbeitende: Sind sie krank oder im Urlaub oder in Elternzeit, so arbeiten sie gerade nicht mit. Sterbenden Mitarbeitenden fällt das Arbeiten schwer.
Die ideologische Verbiegung zeigt der „Teilnehmende“ anstelle von Teilnehmer. Teilnehmende, die nicht kommen, nehmen gerade nicht teil, sind bestenfalls „Abgesagt-Habende“ oder „Nicht-Erschienene“. Besser ist die Flucht ins Englische: NoShow ist nicht genderierbar. Die Flucht in das Partizip Präsens als generischem Neutrum funktioniert nur bei jenen, die sprachlich unterhalb der Armutsgrenze leben und auf Partizipien nicht angewiesen sind.
Das wird offenbar, wenn ein unverzichtbares Präsenspartizip angesprochen ist: In der Rechtswissenschaft geht es vielfach um die Zurechnung von Handlung und Erfolg. Und das ist der Grund, weswegen „der Händler“ anders als der Student nicht befürchten muss, vom Partizip Präsens verdrängt zu werden. Der Handelnde ist kein Händler und wird es nicht sein.
d. Begriffsdoppelung
Mithin bleibt nur eine sprachlich einigermaßen erträgliche Form der geschlechtsneutralen Formulierung: die Begriffsdoppelung: Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Mörderinnen und Mörder usw. Wie sich das liest, können Sie anhand der Promotionsordnung der Juristischen Fakultät der LMU erproben (abrufbar: hier). Zu größerer Klarheit führt das nicht. Angehörige eines vermeintlichen Dritten Geschlechtes bezieht eine solche bigeschlechtliche Formulierung auch nicht ein.
Sollten Sie selektiv gendern (nur bei den Arbeitnehmerinnen, nicht aber bei den Arbeitgebern, nur bei den Opfern, nicht bei den Tätern), müssen Sie Ihre ideologische Voreingenommenheit prüfen. Immerhin geht der Gesetzgeber so vor: § 1 Abs. 1 Mindestlohngesetz lautet: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.“ Die Arbeitgeberin bleibt unerwähnt. Eine herkömmliche grammatikalische Auslegung müsste aus der Doppelnennung von Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin als Gläubiger des Anspruches schließen, dass Arbeitgeberinnen (natürliche Personen) keinen Mindestlohn schulden, sondern nur Männer. Die geschlechtslosen, indes generisch weiblichen Kapitalgesellschaften blenden wir aus. Um dieses abseitige Ergebnis zu meiden, bleibt nur, dem Gesetzgeber Sprachideologie zu unterstellen. Arbeitgeber sei ein generisches Maskulinum, erfasse also auch die Arbeitgeberin – wohingegen auf der Arbeitnehmerseite die Doppelung die Arbeitnehmerinnen eigens ansprechen wolle. Das wiederum heißt: Der Gesetzgeber hält Frauen als Arbeitnehmerinnen für dümmer als Arbeitgeberinnen. Letztere wissen, wenn sie „mitgemeint“ sind. Wie man es dreht und wendet, stets bleibt ein Nachgeschmack, der mit Spott gut zu ertragen ist. Wenn Sie doppeln wollen, müssen Sie auf Lesbarkeit und Satzlänge achten.
e. Genusneutralität in wissenschaftlichen Texten
Bedenken Sie: Wissenschaftliche Texte richten sich nicht an diejenigen, von denen dort die Rede ist. Arbeitnehmerinnen, Mörderinnen und Werkunternehmerinnen lesen keine Doktorarbeiten. Adressaten rechtswissenschaftlicher Dissertationen sind Wissenschaftler, wissenschaftlich arbeitende Anwälte und Richter. Die Arbeitnehmer, Mörder usw., von denen im Text die Rede ist, sind Erkenntnisgegenstand, also Objekt der Arbeit und nicht Subjekt eines Kommunikationsvorganges. Es handelt sich nicht um reale Personen, sondern um Modellbezeichnungen. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in einer Dissertation ist ein geschlechtsloser Stellvertreter für die Diskussion von Rechtsfragen. Selbst wenn es um biologische Fragen geht (wie den Mutterschutz), ist das Geschlecht nur gedacht. Das ist wissenschaftliche Abstraktion. Und selbst wenn über Wissenschaftsrecht geschrieben wird, sind die lesenden Wissenschaftler nicht mit den in der Arbeit genannten gemeint. Insofern geht es um eine Rollentrennung. Mithin ist jedwedes Bekenntniszeichen, wer mit welcher Bezeichnung als Person angesprochen („mitgemeint“) sein könnte, dysfunktional und öd.
Insofern ist das Gendern in wissenschaftlichen Arbeiten sinnbefreiter als sonst schon. Empfehlen mag ich es Autorinnen, die sich in der englischen Version ihres CV als „researcherin“ bezeichnen und auch sonst in deutschen Texten englische Begriffe gendern. Irre: Englische Funktionsbezeichnungen wie Chief Compliance Officer werden mit einem „in“ verlängert, wenn eine Frau die Stelle innehat. Insofern hat das Gendern eine besondere Funktion: Es kennzeichnet eine bestimmte Sorte Autoren und zugleich ihre Texte und sagt für ernsthaft Erkenntnissuchende aus, dass die Autorin ihre begrenzte Energie nicht primär in Erkenntnismühen und lesefreundliche Darstellung investiert.
Das ist jedenfalls meine subjektive Erfahrung: Seit einigen Jahren sammele ich schreibfehlerhafte Gendermails in einem eigenen Ordner – damit ich im normalen Arbeitsalltag nicht von unästhetischen Texten gestört werde. Diesen Ordner schaue ich allenfalls einmal die Woche an. Antworten lohnt sich in der Regel nicht.
Wer vor allem für den Leser schreibt, der bleibt beim generischen Maskulinum und der sprachwissenschaftlichen Erkenntnis, dass genus und sexus nichts miteinander zu tun haben. Wer dazu Näheres wissen will, sei an Tonio Walter, Kleine Stilkunde für Juristen, 4. Auflage (2024), 229 ff verwiesen. Erhellend, aber lang ist das Werk von Meineke, Studien zum genderneutralen Maskulinum (2023). Insofern bleibt es (vorerst) bei BGH (13.3.2018 – VI ZR 143/17, BGHZ 218, 96: allgemein üblicher Sprachgebrauch, insbesondere in Gesetzen) und Ulpian (»Pronuntiatio sermonis in sexu masculino ad utrumque sexum plerumque porrigitur«, CIC Dig. 50, 16, 195).
Fürsorglich für aufgeregte Hühner: Es gibt auch ein generisches Femininum, bei dem die weibliche Sprachform auch männliche Wesen bezeichnet. Das ist im Tierreich bei vielen Vögeln der Fall. Auch der Ganter ist eine Gans, womöglich eine dumme. Und deshalb kann im Volkslied von der Vogelhochzeit „die Drossel“ auch „der Bräutigam“ sein. Magnifizenz als Ehrentitel des Rektors einer Universität ist gleichfalls grammatikalisch weiblich (weswegen es entgegen einer Spottbemerkung auch keine weibliche Form MagnifiZenzi braucht), ebenso die Spektabilität (Dekan, anders das männliche Spectabilis).
Transkriptionsproblem
Im Zitat ist die Frage aufgeworfen, ob und wie ältere Schreibweisen transkribiert werden dürfen oder müssen. Ob also eine Umschreibung erfolgt.
- Größte Strenge gilt beim wörtlichen Zitat: Wer Gesetzestexte, Materialien, Literaturstellen etc. wörtlich zitiert, also in Gänsefüßchen, der muss die Originalschreibweise beibehalten, also ggf. auch die Schreibung vor der Reform 1901.
Beispiel:
- So meinte schon das Reichsgericht (vom 22.10.1879 – Rep. I 1/79 – RGZ 1, 1, 6): „Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergiebt sich nichts, was einer solchen Vermutung widerstritte.“
- So regelt das HGB im Dritten Buch, erster Abschnitt, zweiter Unterabschnitt ab § 242 bis heute den „Jahresabschluß“ oder Art. 58 AGBGB nach amtlicher Überschrift den Ausschluß des Berechtigten bei altrechtlichen Grunddienstbarkeiten. Lustig ist § 5 TVG: Er schreibt „Ausschuß“ in Abs. 5 und „Ausschuss“ in Abs. 1 und 1a.
- Auch Schreibfehler des wörtlich Zitierten bleiben stehen. Früher wurde gern der Klammerzusatz [sic!], also lateinisch für „so ist es“, hinzugefügt, um darauf hinzuweisen, dass der Schreibfehler beim Zitierten und nicht beim Zitierenden liegt. Heute ist es besser, in der Fußnote anzufügen: „Schreibfehler im Original.“ Gleiches gilt für Satzbau und Grammatikfehler.
- Bei indirekter Rede und normalem Textfluss gibt es keinen derartigen Zwang. Hier darf der Autor das Zitierte seiner Schreibung unterwerfen.
- Im Interesse der Lesbarkeit kann (muss aber nicht) im Literaturverzeichnis transkribiert werden, weil es für den Leser schwer ist, mal Ausschlußfrist und mal Ausschlussfrist zu lesen; einmal Prozess und einmal Prozeß. Das betrifft vor allem Entscheidungen in den arbeitsrechtlichen Sammlungen. Hier darf einheitlich AP Nr. 6 zu § 4 TVG Ausschlußfristen oder: Ausschlussfristen zitiert werden, auch wenn die Schreibweise in der AP gewechselt hat. Werktitel sind tabu. Hellwigs Lehrbuch des Deutschen Civilprozeßrechts (1903) brauchen Sie nicht in Fraktur zu setzen und dürfen auch das Lang-S (ſ) durch ein rundes ersetzen. Aber das C in Civil und das ß in Prozeß müssen bleiben. Und auch bei Iherings Kampf umʼs Recht dürfen Sie den Apostroph nicht streichen, der nach heutigen Regeln nicht gesetzt würde.
- Sonderproblem sind frühere Äußerungen, die heute sprachpolitisch missbilligt werden. Dass in Kinderbüchern vielfach eine Sprachreinigung erfolgt, ist für die Wissenschaft kein Maßstab. Bis Mitte der 80er Jahre war „Neger“ nicht nur in der Tagespresse, sondern auch in der Wissenschaft und Rechtsprechung rundweg gebräuchlich. So behandelt das OLG Hamburg (18.2.1975 – 2 Ss 299/74, juris) die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Neger als Teile der Bevölkerung iSv. § 130 StGB. Ähnliches gilt für Zigeuner und anderes. Anstößiges findet man selbstredend in der Literatur aus der NS-Zeit. In all diesen Fällen gilt: Das wörtliche Zitat muss richtig sein, also den Originalwortlaut wiedergeben. Sie dürfen den O-Ton nicht verändern. Sprachwandel wirkt nicht zurück. Abhilfe bietet der Wechsel zur indirekten Rede, bei der Sie Ihren Wortschatz einsetzen dürfen. Wenn Sie Ihr Publikum für sensibel halten, können Sie im wörtlichen Zitat auch eine Auslassung oder Textersetzung mit eckigen Klammern vornehmen: So spricht das OLG Hamburg von „in der Bundesrepublik Deutschland lebenden [N-Wort, gemeint: Schwarze] als Teil der Bevölkerung“. Die eckige Klammer weist den redaktionellen Eingriff durch den zitierenden Autor nach. Freilich: Wenn der Mut zum Originalzitat fehlt, ist die indirekte Rede besser als ein komplexer Rückbau des Originals.
- Was nie geht: Den Wortsinn des Zitats verändern und damit der Quelle eine Äußerung in den Mund legen, die diese nie getan hat. Ein schönes Beispiel wie man es nicht macht: Ruth Bader Ginsburg hatte sich 1993 zum Frauenrecht auf Abtreibung geäußert. Die Amerikanische Bürgerrechtsvereinigung ACLU hat das Zitat 2021 identitätspolitisch verändert und „woman“ durch „person“ ersetzt. Die Änderung wurde durch eckige Klammern ausgewiesen. Das ist gleichwohl unzulässig, weil der Aussagegehalt des wörtlichen Zitats verschoben wurde. RBG hatte 1993 keinen Gedanken an schwangere „Nichtfrauen“ verschwendet. Näheres bei Jonathan Turley.
Denken Sie daran: Sie schreiben nicht für Prinzipienreiter, sondern für den Leser. Er soll möglichst leichten Zugang zu Ihren möglichst klaren Gedanken finden.
- Bei Übersetzungen ist das wörtliche Zitat des Autors im fremdsprachigen Original anzuführen; soll die Übersetzung wörtlich zitiert werden, so muss ein Hinweis auf den Umstand der Übersetzung und die Identität des Übersetzers (als Mitautor!) erfolgen. Im Literaturverzeichnis muss entsprechend verfahren werden. Soll ein fremdsprachiger Rechtstext lediglich als Rechtsquelle zitiert werden, erfolgt die Zitierung in der Art und Weise, die in der entsprechenden Rechtsordnung üblich ist. Ebenso ist auf eine eigene Übersetzung hinzuweisen. Das ist nur angezeigt, wenn es keine Übersetzung gibt und der Text in einer Fremdsprache verfasst ist, von der nicht zu erwarten ist, dass sie vom Leser beherrscht wird. Auch wenn Sie eine KI zur Übersetzung nutzen, ist ein Hinweis erforderlich (etwa: „Übersetzung durch DeepL“, am besten mit Datum).
- Mehr zur Zitierweise von ausländischen und fremdsprachigen juristischen Texten bei:
- Möllers, Juristische Arbeitstechniken und wissenschaftliches Arbeiten, 11. Auflage (2024), § 6 Rn. 19, 26, 52;
- Dornis/Keßenich/Lemke, Rechtswissenschaftliches Arbeiten (2019), 113.
Kaufmännisches „Und“
Das kaufmännische Und – & – findet Verwendung in Firmenbezeichnungen (Gotthilf & Sohn), insbesondere zur Kennzeichnung von Gesellschaftsformen (XY GmbH & Co. als Hinweis auf eine Kommanditgesellschaft). Inzwischen nutzen manche Freiberufler dieses Zeichen (Rechtsanwälte ABC & Partner) und zeigen so eine sachwidrige Nähe zum Gewerbe.
Im Fließtext oder gar in Überschriften hat das kaufmännische Und nichts zu suchen. Es ist weder elegant noch gewieft, sondern einfach nur falsch oder blöd, das &-Zeichen anstelle des Wortes „und“ zu verwenden. Sie bauen auch keine Emoji in Ihren Fließtext ein.
Bei Namensangaben (Firma) ist das &-Zeichen so zu verwenden, wie es der Namensträger vorgibt.
Peinliche Schreibfehler
Manche Dissertationen beweisen Analphabetismus – oder schlimmer: grobe Gleichgültigkeit. Auch wenn Legasthenie eine Form der Behinderung sein sollte, rechtfertigt der Diskrimi-nierungsschutz solche Schlampigkeiten nicht. Bitten Sie ggf. einen Lese- und Schreibkundigen um einen Korrekturgang.
- Das gilt zuerst für die Schreibweise von Namen. Es ist unverzeihlich, wenn Autorennamen falsch geschrieben werden (Namensleugnung iSv. § 12 BGB). Im Arbeitsrecht sind Opfer vor allem die Kollegen Henssler (nicht: Hennsler oder Henßler) und Reichold (nicht: Reichhold). Wer fremde Autoren respektlos behandelt, verdient selbst keinen Respekt als Autor!
- Auch gewöhnliche Schreibfehler machen einen ungünstigen Eindruck, wenn eine gewisse Häufung erkennen lässt, dass es sich nicht um einen – letztlich unvermeidbaren – Tippfehler, sondern um einen notorischen Schreib- und damit Denkfehler handelt. Standardfehlleistung: „Entgeld“ statt richtig Entgelt (von entgelten). Ähnlich „Standart“ statt Standard. Auch Interessenskonflikt ist hübsch (richtig: Interessenkonflikt, kein Genitiv-S möglich, weil es sich um den Konflikt der Interessen handelt, gemeint sind ohnehin meist: konfligierende Interessen; Fugen-S scheidet ebenfalls aus). Wer schlampig mit der deutschen Sprache umgeht, dem darf man schlampiges Denken unterstellen – eine ungünstige Ausgangslage für die Korrektur der Arbeit. Der Duden ist keine Richtschnur mehr für richtiges Schreiben.
- Abkürzungen werden nicht dekliniert. Also „des Bundesarbeitsgerichts“, nicht aber „des BAGs“ oder „der LAGe“.
- Wegen mit Dativ mag umgangssprachlich vorkommen. Der Bezeichnung einer Kausalbeziehung dient der Genitiv (es heißt nicht „demwegen“). Also: „wegen des Streiks“, besser ohnehin: infolge desselben.
- Korrekte Satzzeichen gehören zur deutschen Schreibung. Kommata, Semikola und Gedankenstriche gliedern Sätze, damit Gedanken und helfen dem Leser. Auf eine direkte Frage folgt ein Fragezeichen! Manche ignorieren den Unterschied zwischen dem kurzen Binde- und Trennstrich (divis, -) und dem längeren Gedankenstrich (–, sogenannter Halbgeviertstrich). Nur der letzte ist ein Satzzeichen, insbesondere für einen Gedankeneinschub. Der erste verbindet Wortteile bei Trennung am Zeilenende, Doppelnamen und Wort-Zahl-Kombinationen (näher: Koeberlin). Für mathematische Ausdrücke und negative Zahlen ist das besondere Minuszeichen zu verwenden (−).
- Zwischen mehreren (Gemeinschafts-)Autoren ist ein Schrägstrich zu setzen (Preis/Temming), um eine Verwechslung mit Doppelnamen (Müller-Graff) zu vermeiden.
- Anführungszeichen setzt Word teils automatisch, teils nicht. Dabei sind sie „so wichtig“ – insbesondere für das wörtliche Zitat. Zulässig sind im deutschen Satz die klassischen Gänsefüßchen „“ (Merkposten: 99 unten, 66 oben – im Unterschied zum Englischen), nie aber der Zweistrich (ʺ), der als Zollzeichen für Längenmaße (Reifendurchmesser, Bildschirmdiagonale) genutzt wird und als Sekundenzeichen, das für Zeitangaben nicht mehr gebräuchlich ist, wohl aber für Winkelsekunden in Astronomie und Geodäsie, und erst recht nicht der modifizierte Zweistrich, das doppelte Kodierungszeichen ("). Schöner im Lesefluss sind die französischen Guillemets (Spitzzeichen, »kleine Willis«), bei denen das Zitat von den Spitzen eingefasst wird (instruktiv Koeberlin). Für das Zitat im Zitat gibt es die einfachen Anführungszeichen, also deutsch (‚‘ – 9 unten, 6 oben), die aber dem typographisch Unbewanderten Schwierigkeiten machen: in Abgrenzung zum (echten) Apostroph (9 oben) und zum Akut-Akzent (accent aigu) oder dem Gravis-Akzent oder dem Minutenstrich. Dagegen sind die einfachen Guillemets (› ‹) besser nutzbar. In der deutschsprachigen Arbeit werden deutsche Anführungszeichen auch für das fremdsprachige Zitat genutzt. Die nach der Fremdsprache einschlägigen Anführungszeichen störten den Lesefluss. Im englischen Zitat verwendet man mithin auch nicht den Geviertstrich oder Spiegelstrich (englischer Gedankenstrich—der ohne Leerzeichen genutzt wird).
- Der „Deppenapostroph“ (überflüssig gesetzter Apostroph, insbesondere im Genitiv) hat nur scheinbar eine Legalisierung erfahren. Die Änderung im Regelwerk der deutschen Rechtschreibung betrifft nur die Schreibweise bei Eigennamen, wenn auch die Gesamtkonstruktion ein Eigenname ist (Amtliches Regelwerk der deutschen Rechtschreibung, S. 150, abrufbar: hier). Die Regeländerung soll offenbar ein Zugeständnis an zahlreiche selbständige Friseursalons und Imbissbuden sein. Im Ergebnis ändert sich nichts, da es seit jeher keine Voraussetzung für die Anmeldung eines Gewerbes ist, den Geschäftsnamen in korrekter Sprache anzugeben. Wer seinen Betrieb „Karl’s Kneipe“ nennen möchte, kann das nun rechtschreibkonform tun; in der wissenschaftlichen Arbeit bleibt der „Deppenapostroph“ – abgesehen von direkten Zitaten und der ohnehin zwingenden korrekten Wiedergabe von Eigennamen – ein harter Schreibfehler. Richtig bleibt der Apostroph nur als Auslassungszeichen, insbesondere wenn ein Genitiv nicht geschrieben werden kann, weil das Wort mit s, ß, x oder z endet. Ganz schlimm: einen Apostroph setzen zu wollen, aber das richtige Zeichen nicht zu kennen (dazu Koeberlin). Richtig ist allein das „Hochkomma“ in der Form einer 9 (Unicode Zeichen 2019 [Hexadezimal], Right Single Quotation Mark, nicht aber das Zeichen 27, auch wenn es von der Schreibmaschinentastatur her unter Unicode in Fortschreibung des ASCII noch als Apostroph bezeichnet wird), also etwa „Annuß’ These“.
- Das Wörtchen „wo“ ist kein Universalrelativpronomen (auch wenn der Doktorand aus der Provinz kommt, „wo“ er sich wohlfühlt). In der Hochsprache kann „wo“ einen Relativsatz nur nach „dort“ (nicht nach „da“) einleiten. Also nicht: „das Tarifgebiet, wo der Betrieb liegt“, sondern „das Tarifgebiet, in dem (oder welchem) der Betrieb liegt“.
- Zahlen bis (einschließlich) zwölf ausschreiben (Zahlwort): „fünf Arbeitnehmer“ nicht: „5 Arbeitnehmer“. Zahl-Wort-Verbindungen sind mit Bindestrich zu schreiben: „40-Stunden-Woche“, „100-prozentig“ [keinesfalls: 100%ig], aber: „Achtstundentag“.
- Wenn Sie so mutig sind, lateinische Wendungen einzuflechten, sollten lateinische Grundkenntnisse vorhanden sein. Oder befolgen Sie den Ratschlag des Altmeisters Adomeit: im Zweifel nachschlagen (JZ 2006, 557). Das gilt auch für die seltenen griechischen Rechtsbegriffe. Wer zu Topos (τόπος) weiß, dass der Plural Topoi heißt, ist womöglich geneigt, bei Telos (τέλος) den Plural „Teloi“ zu nutzen. Das ist peinlich: Hier wird anders dekliniert: „τέλη“. Das eta am Wortende wird neugriechisch wie i gelesen, altgriechisch aber wie e: also Tele. Spielen Sie sich nicht als Altphilologe auf, wenn Sie keiner sind. Gespreiztes Pseudobildungsbürgertum erreicht den Leser nicht und wirkt abstoßend. Schreiben Sie Deutsch; wenn Sie einen lateinischen oder griechischen Begriff mitschwingen lassen wollen, setzen Sie diesen nach dem deutschen Begriff in Klammern. Es geht allein darum, mit klugen Gedanken den aufmerksamen Leser zu erreichen. Je schlichter die Darstellung, desto besser.
- Überlassen Sie die Silbentrennung nicht der Automatik Ihres Textverarbeitungsprogramms. Jenes trennt teils falsch. Vor allem hemmt eine ungeschickte Trennung den Lesefluss über das Zeilenende (insbesondere, wenn Vorsilben abgetrennt werden: „be-fugt“).
Seien Sie sich bewusst: Wissenschaftliches Stammeln ist ein Akt der Selbstausgrenzung.
VR | 2025